Mittwoch, 14. Oktober 2009

Rückkehr- ein großer Schritt

Seit drei Wochen befinde ich mich wieder auf deutscher Erde und durchlebe eine schwierige Zeit. Es sind nicht nur die Temperaturen, die mich bereits heute Morgen zwangen meine Autoscheibe frei zu kratzen, sondern einfach das andere Leben und die verschiedene Kultur.

Aus dem gewohnten Umfeld, der Arbeit und meinem neuen Zuhause, Brasilien, hinein in den deutschen Alltag. Dies hat einige Tränen gekostet, besonders am Flughafen in Rio de Janeiro. Aber jetzt sitze ich gerade in Darmstadt in der Uni, wo ich mein Studium als Wirtschaftsingenieur mit Fachrichtung Maschinenbau begonnen habe. Wegen meines Bänderrisses und der verspäteten Ausreise aus Deutschland blieb mir keine andere Möglichkeit, als direkt nach der Rückreise ins Studium einzusteigen. So waren die letzten drei Wochen sehr stressig, weil ich neben Uni versuchte alle meine Freunde wieder zu treffen. Das Wiedersehen mit Familie und Freunden nach diesem Jahr war sehr schön, auch wenn ich mich oft fühlte, als sei ich körperlich bereits in Deutschland, mit dem Kopf aber noch in Brasilien.


Das vergangene Jahr war eine wunderschöne Zeit und während ich diesen Text hier schreibe werde ich ganz traurig, dass es bereits vorbei ist. Ich hatte viel Spaß, habe ein schönes Land und tolle Leute kennen gelernt. Meine Arbeit hat mir gefallen und ich könnte mir vorstellen jederzeit zurückzukehren.


Die Marathon Spendenaktion war, wie zuvor schon berichtet, sehr erfolgreich und die gesammelten 3000€ wurden in die Renovierung und Einrichtung des „Casa Reviver“ gespendet. Dieses Haus soll für die älteren Jungen aus Casa Angelo und die Jüngeren aus Don Bosco ein neues Zuhause bieten. Vielen Dank noch mal allen Unterstützern.



Vielen Dank natürlich auch allen Lesern meines Blogs….Ich hoffe ihr konntet mit Hilfe des Blogs an meinem Leben in Rio teilhaben.

Basti

Dienstag, 8. September 2009

Die Zeit....

Die Zeit.....




Schnell verging die Zeit....Ich erinnere mich noch ganz genau wie diese 4 Mädels hier ankamen. Seitdem sind mehr als 10 Monate vergangen und inzwischen ist auch die letzte Italienerin wieder zurückgekehrt....





Aber nicht nur die Italienerinnen haben sich aus Brasilien verabschiedet, sondern auch Carl. Zurück bleiben der Strand von Ipanema, Männer, die seine Frisur nachahmen, vergessene Unterhosen,viele Geschichten und ich....Alle vermissen Carl und manchmal fällt es mir schwer hier ohne ihn, aber auch ich werde bald meine Heimreise antreten.
Doch momentan stecke ich noch mitten im brasilianischen Leben und in meiner Arbeit.
Schweren Herzens begleiteten wir Carl zum Flughafen und verabschiedeten uns von ihm. Ich konnte bei dem Abschied sehen, was bald auf mich zukommen wird. Auf der Rückfahrt kam aber plötzlich die Realität meinem Nachdenken in den Weg, als wir von einem Polizisten mit einem riesigen Gewehr aus dem Verkehr gewinkt wurden. Dieser Polizist suchte lange nach Fehlern, bis er schliesslich einen gefunden hatte. Dieser kleine Fehler hätte uns beinahe eine Rückfahrt mit dem Bus, 3 Jahre Führerscheinverlust für den Fahrer und viel Stress beschert, aber gemeinsam kratzten wir alles, was wir in den Taschen fanden, zusammen und steuerten dem Polizisten etwas zu seinem 2. Monatsgehalt hinzu. So ging das Leben ohne Carl und ohne 100R$ weiter.......

Meine Arbeit macht mir momentan sehr viel Spaß, aber nimmt auch sehr viel Zeit in Anspruch.
Während ich jede Woche von Mittwoch bis Freitag in Lapa schlafe, erlebe ich unheimlich viele Dinge...
Die Arbeit in dem Haus ist sehr anstrengend, aber auch sehr schön. Täglich kommen Kinder von der Straße um dort zu essen, zu duschen, Aktivitäten zu machen oder einfach nur ein Haus zu haben. Wir bieten den Kindern den Vormittag über mehr als nur ein Haus und etwas zu essen. Wir bieten eine Familie, eine große Familie. An manchen Tagen ist diese Familie sehr übersichlich, aber manchmal wächst sie auch bis zu 30 Personen. Doch Familie heißt nicht nur nehmen, sondern auch geben und Regeln beachten. In Rio gibt es sehr viele Projekte, aber die meisten sind anders, viel offener. Die Kinder gehen und kommen, wie es ihnen gefällt, sie dürfen rauchen, sie können unter Drogeneinfluss stehen, etc. Doch bei uns ist das verboten, weil eine Familie Regeln und Ordnung benötigt. Bei uns gibt es feste Zeiten zum kommen und gehen und kommen darf nur, wer nicht berauscht ist. Während der Zeit im Haus müssen die Kinder auch auf das Rauchen verzichten, denn in einer Familie sollte man auch auf seine Mitmenschen achten. Somit verhindern wir, dass die Kinder schon morgens Drogen nehmen, denn sie lieben es nach Casa Rafael zu kommen und möchten nicht an der Tür abgewiesen werden. Sollten sie die Regeln nicht beachten, werden sie für die kommenden Tage ausgeschlossen, was für sie eine sehr harte Strafe darstellt. Es kommen meistens die selben Kinder und so kann man auch sehr persönlich auf ihre Probleme eingehen. Ein schönes Beispiel stellt für mich das Pärchen dar, was seit einer Woche zu Casa Rafael kommt. Sie, 16 Jahre und schwanger, lebt mit ihrem 18jährigen Freund auf der Straße. Als sie letzte Woche morgens durch die Straße liefen, kamen sie mit einem Jungen, den sie kannten mit, um auf die schnelle ein kostenloses Frühstück einzunehmen. Doch während des gemeinsamen Frühstücks merkten sie dass es im Projekt anders zugeht. So blieben sie länger und nahmen auch noch an den Aktivitäten teil und obwohl wir an diesem Tag 30 Personen waren gefiel es ihnen sehr. Seit diesem Tag stehen sie jeden Morgen ganz früh vor der Tür. So haben wir es geschafft, dass sie anfangen Pläne für die Zukunft zu machen, denn sie sind sich einig, dass sie das Kind nicht auf der Straße großziehen möchten. Sie wird kommende Woche zu Arzt gehen und er wird seine Dokumente abholen, um eine „richtige“ Arbeit anzufangen. Sie fangen jetzt an das Geld, was sie verdienen zu sammeln, um sich ein Zimmer zu mieten...wenn sie weiterhin ins Projekt kommen und unsere Hilfe annehmen, dann werden sie in kurzer Zeit nicht mehr auf der Straße leben und es schaffen dem Kind ein richtiges Zuhause zu bieten...





Dieses Foto hat eine unserer Italienerinnen in Rio geschossen und ich finde es wunderschön, deshalb stelle ich es hier in den Blog.

Abgesehen von der Arbeit in Casa Rafael gibt es noch die Arbeit auf der Strasse. Ich habe leider letztens keine Kamera dabeigehabt, sonst hätte ich ein wunderschönes Foto gemacht. Neben den ganzen dreckigen, kleinen Füßen, die unter der notdürftig aufgespannten Plastikplane hervorschauten, stand eine wunderschöne Plastikblume und ein Windrädchen, das sich langsam im Wind drehte. Diese zwei, wahrscheinlich geklauten Spielsachen, zeigten mir,dass ich mit Kindern arbeite. In diesem Augenblick wurde mir seit langer Zeit erstmals wieder bewusst wie jung diese Kinder eigentlich sind. Dem Verhalten nach sind die Kinder oft sehr reif, obwohl die meisten wesentlich jünger als mein 14-Jähriger Bruder sind. Doch die leeren, vom Kleber berauschten, Blicke und die vernarbten Gesichter weisen oftmals auf eine Vergangenheit hin, die keiner erlebt haben möchte. Die Flucht in die Traumwelt, die das unfassbar günstige Crack bietet, was sie sogar auf Schulden kaufen können, bietet oftmals die einzige Aussicht auf ein besseres Leben. Die Mutter, die ihrem kleinen, vielleicht 8 Jahre altem Sohn die Plastikflasche, mit den Lösungsmitteln, vor die Nase hält um ein wenig Ruhe zu haben, während sie in dem Topf über den 2 Ziegelsteinen rührt. Die Schlägerei zwischen zwei berauschten Jungs auf der 3 spurigen Straße, auf der die Autos hupend mit unvorstellbarer Geschwindigkeit vorbeirasen. Eine Umarmung, die einem Tränen in die Augen treibt, weil die Dünste aus der Plastikflasche einem den Atem nehmen und weil man merkt wie wichtig diese Nähe für den Jungen ist....dies sind kleine Bilder, die ich aus meinem Alltag mit euch teilen möchte. Bilder, die man nicht als Bilder festhalten könnte und bei denen mir die Worte fehlen, um sie zu umschreiben. Bilder, die ich nie aus meinem Kopf verdrängen kann oder möchte.....

Außerdem bekommt man während des Lebens in Lapa auch viel vom Alltag in Rio mit. Seit bereits einer langen Zeit gibt es in Rio die Aktion „Choque de Ordem“. Michael hat während seines Aufenthaltes einen ganz interessanten Artikel in seinem Blog geschrieben. Rio lebt von der Schattenwirtschaft*.

*Schattenwirtschaft:
In den Entwicklungsländern vollzieht sich mit der Zeit ein Wandel. Die Zahl der Beschäftigten im primären Sektor geht zurück, während im sekundären,tertiären und quartären Sektor ein langsames Ansteigen zu beobachten ist. Doch während dieser Entwicklung beginnt der informelle Sektor immer mehr an Bedeutung. Man bezeichnet ihn als alternativen Beschäftigungssektor oder Schattenwirtschaft. Es handelt sich dabei um Aktivitäten, die nicht vom Staat kontrolliert werden. Es werden keine Steuern gezahlt und es gelten keine gesetzlichen Vorschriften(zB Kinderarbeit, Mindestlohn). Dazu gehören besonders in den Städten kleine Tätigkeiten zB Straßenhandel und Schuhputzen. Es fehlt die soziale Absicherung, aber weil oftmals keine Vorkenntnisse nötig sind liegt der Anteil an Frauen und Kindern extrem hoch. Der informelle Sektor ist ein Ausdruck der Unterbeschäftigung. Wer in der Schattenwirtschaft beschäftigt ist, bleibt auch weiterhin arm, zumal keine Nachhaltigen Arbeitsplätze geschaffen werden. Der informelle Sektor ist ein Merkmal von Überlebenswirtschaft.

Die Aktion „Choque de Ordem“ versucht das unmögliche, die Straßen Rios zu bereinigen. Dies geht auf allen Ebenen.
Letztens lief ich Abends durch Lapa, als plötzlich ein grosser Pickup der Prefeitura(Stadtverwaltung) mit einem Van voller Polizisten im Schlepptau angefahren kommt. Die Leute von der Prefeitura und die Polizisten springen aus dem Auto, umringen den ahnungslosen Popcornverkäufer und fangen an den Stand abzubauen und die Personalien aufzunehmen. Während ich weiter dem Straßenverlauf folge, wandelt sich das Leben auf der Straße. Der sonst ruhige Ablauf, bei ein wenig Musik, an einem der Essensstände, verwandelt sich nach der Vorwahnung einiger die Straße entlangrennender Kinder in ein hastiges Zusammenpacken und wegrennen. Die im Stau feststeckenden Polizisten können nur von weitem zuschauen, wie alle Essensstände verschwinden und eine leergefegte Straße zurückbleibt. Doch bereits am nächsten Abend ist das Leben auf der Straße wie immer...
Die Engraxates(Schuhputzer), die morgens immer in Casa Rafael vorbeikommen sind auch direkt von diesem Umdenken betroffen. Oftmals werden sie von Polizisten des Platzes verwiesen und nach Hause geschickt. Dies ist auch nicht weiter schlimm, weil sie einfach um die nächste Ecke gehen und dort weiterputzen. Sollten sie aber denselben Polizisten wiedertreffen......
Auch die Straßenkinder sind von der Aktion betroffen. Letztens kamen sie total nervös und verstört in Casa Rafael an. Sie wurden nachts von der Polizei an ihrem Platz aufgesucht, seitdem könnte ich auch kein Bild mehr von der notdürftig aufgespannten Plastikplane schiessen. Denn die Polizisten nahmen den Jungen alles was sie besaßen. Decken, Matratzen, Anziehsachen, Plastikplanen....und die Kinder die nicht schnellgenug wegrannten, konnten sich auch noch Schläge einfangen. Die Polizei hier in Rio ist sehr berühmt für ihre Umgangsform und das nicht im positiven Sinne......

Am Wochenende freuen sich die Kinder von Casa Angelo immer über mein Kommen. Meistens unternehmen wir lustige Sachen. In den letzten Wochen sind wir sehr oft zu einem See gegangen, weil das Schwimmbecken in der Cidah nicht mehr gereinigt wurde. Um zu diesem See zu gelangen durchläuft man zwar eine sehr komische Gegend, in der keiner nachts freiwillig rumlaufen möchte, aber der See ist dafür umso schöner. Nachdem wir uns vergewissert haben dass es in dem See keine Krodile gibt, haben wir angefangen zu schwimmen und am Rand Fussball zu spielen. Ich genieße die Zeit in Casa Angelo sehr....


Ich könnte noch mehr über Casa Angelo schreiben, aber mir fehlt jetzt gerade die Zeit. Bitte nehmt es mir auch nicht übel, aber ich komme in den letzten Wochen meistens nur 1Std ans Internet und schaffe es einfach nicht allen zu antworten. Aber meine Zeit hier in Rio geht langsam zu Ende und ich werde nicht mehr viele Sonnenuntergänge bestauenen können....




Bald bin ich aber wieder in Deutschland und kann euch alles persönlich erzählen........Ich freu mich schon!!!

Basti

Montag, 17. August 2009

Schon lange Zeit sitze ich vor dem Computer und überlege wie ich für Aussenstehende meine neue Arbeit am besten beschreiben kann. Für mich sind während der Zeit in Brasilien Dinge zum Alltag geworden, die für viele Menschen unvorstellbar sind. Unvorstellbar ist natürlich falsch, aber doch schwer zu verstehen. Ich kann dass gut nachvollziehen....

Als der 10-jährige Basti mit seinen Freunden über Tische und Bänke hüpft, betritt der Pfarrer, der Ober-Olmer Gemeinde, den Klassensaal und bittet um Ruhe. Eine grosse Tüte in der Hand haltend, schafft es der Pfarrer, der gleichzeitig Religionslehrer ist, die Viertklässler zu beruhigen. Der Inhalt der Tüte gehört zur MISEREOR-Fastenaktion. Es sind Bastelbögen für einen gelben Rucksack. Während die Kinder friedlich mit dem Basteln von Rucky, dem reiselustigen Rucksack, beschäftigt sind, liest der Religionslehrer eine Geschichte vor. Die Geschichte, die ich vergelblich im Internet gesucht habe, handelt von Strassenkindern in Südamerika. Die Vertklässler sind traurig, dass es Kinder, in ihrem Alter, gibt, die ohne Eltern auf der Strasse leben. Doch so wirklich verstehen können der kleine Basti und seine Freunde es nicht. Es klingt wie ein trauriges Märchen, das der Religionslehrer als Realität darstellt. Aber ein Detail entging den Ohren, der Jungs aus der vierten Klasse, nicht. Die Kinder, von denen die vorgelesene Geschichte handelt, sind dermaßen arm, dass sie ohne Schuhe auf der Strasse Fussball spielen. Also beginnen der kleine Basti und seine Freunde Geld in dem kleinen, gelben, selbstgebastelten Rucksack zu sammeln. Dieses Geld soll genutzt werden, um den Strassenkindern einen Bauchladen oder eine Kiste mit Schuhputzutensilien zu kaufen....

Dieser kleine Basti ist gewachsen und hat während seines weiteren Lebens immer mehr über Strassenkinder und ähnliche Missstände erfahren. Er hat Geschichten gelesen, Fernsehreportagen und Fotos gesehen und hat gemerkt, dass es kein Märchen ist, sondern bittere Realität. Doch diese Strassenkinder waren immer so weit entfernt, irgendwo auf der Welt.....
Heute sind diese Kinder für Basti viel präsenter und das nicht nur, weil er sie mit eigenen Augen gesehen hat. Die Touristen, die an der Copacabana den Bauch in die Sonne halten, haben diese Kinder auch gesehen und mit 99prozentiger Wahrscheinlichkeit auch ein Foto geschossen, das sie mit nach Hause nehmen und ihren Freunden zeigen. Basti arbeitet jetzt drei Tage der Woche in Casa Rafael in Lapa, nah am Centrum von Rio de Janeiro. Dieses Haus bietet Strassenkindern vormittags einen Ort, an dem sie duschen und essen können. Ausserdem gibt es auch Aktivitäten wie tanzen, Capoeira, PercussAO und Basteln. Doch ein wichtiger Teil der Arbeit ist die „Abordagem da rua“. Dort werden die Strassenkinder an ihren Schlafplätzen aufgesucht, um mit ihnen zu reden und sie zu Casa Rafael einzuladen. Das wichtigste an der Strassenarbeit ist die Präsenz. Das man täglich die Kinder aufsucht und ein wenig mit ihnen redet. So merken sie, dass sich jemand für sie interessiert und dass sie nicht alleine sind. Denn man ist sich einig, dass die Kinder auf der Strasse leben, weil sie nicht geliebt werden. Niemand tauscht eine intakte Familie gegen das Leben auf der Strasse ein....

Ich hoffe, dass ich ein wenig meiner neuen Arbeit vermitteln konnte. Die Spendengeschichte fiel mir gestern ein, als ich mit 3 Jungs, die mit ihren Schuhputzkästen ankamen, Karten gespielt habe. Diese Jungs kommen aber, wie die meisten der Engraxates( Schuhputzer), aus den Favalas und haben Familie. Strassenkinder kommen anders an Geld...
Mir macht die neue Arbeit viel Spaß, aber ich bin auch froh, dass ich erst jetzt am Ende dort arbeite, denn man sieht schon viele Dinge, die schwer zu verarbeiten sind. Mit den Sachen, die man sieht, und Geschichten, die man hört, könnte ich Seitenweise den Blog füllen.
Es gibt aber auch schöne Seiten. Gestern habe ich einer Mutter geholfen ihren Sohn zu finden. Diese Mutter war total traurig ihren Sohn an diesem Platz aufzufinden. Der elf Jahre alte Breno ist, laut Aussage seiner Mutter, bereits 20 Tage auf der Strasse. Es berührte sie sehr ihn zwischen den ganzen, sich gerade mit Kleber zudröhnenden Strassenkindern zu sehen. Sie würde ihren Sohn gerne in einem Heim sehen, doch im anschliessenden Gespräch mit Cicero, dem Verantwortlichen des Hauses in Lapa, überlegte sie sich von ihrem Freund zu trennen, der den Sohn schlecht behandelt hat. Sie sagte ihr sei der Sohn wichtiger als der Freund. Ich bin gespannt, ob es klappt.....

Samstag und Sonntag verbringe ich nun wieder in Casa Angelo, worüber ich sehr froh bin. Ich weiß nicht wann ich das letzte mal Casa Angelo in meinem Blog erwähnt habe, aber seitdem hat sich viel verändert. Dort im Haus waren 15 Jungs, jetzt sind es noch 6. Es waren schwere Zeiten....Durch ständigen Wechsel der Sozialeltern haben die Kinder Probleme gehabt. Kaum hatten sie sich an ein Elternteil gewöhnt wurde schon wieder gewechselt. Es endete im Chaos....Die Kinder machten was sie wollten. Sie fluchten, schimpften, kämpften, klauten und das ganze auch noch in der Nachbarschaft. Die Nachbarn fingen an sich zu beschweren und Drohungen auszustoßen, die Kinder fingen an abzuhauen und die Sozialeltern wechselten weiter und auch ich wurde aus dem Haus gezogen um im Kindergarten zu arbeiten. Schon nach kurzer Zeit waren es nur noch 10 Jungs im Haus (Douglas, Ruan, Paulinho, Leonardo, Jean, Lukas, Leozinho, Romario, Jefferson und Felipe) Dies sind die Jungs, die schon länger bei Casa do Menor und nicht so schnell auf die Idee kamen abzuhauen. Doch die Lage verschlimmert sich und jedesmal wenn ich zum Besuch vorbeiging fehlte ein weiteres Gesicht:
Jean wohnt jetzt bei seiner Tante in einer Favela in der Nähe von Lapa.
Leozinho und Romario sind in ein anderes Heim in Nova IguaCu versetzt worden, weil ihr Bruder(Luiz-Claudio) es nicht mehr in Casa Angelo aushielt und dort Zuflucht gesucht hatte. Aber den drei Jungs geht es gut, ich habe sie letztes Wochenende in dem Heim besucht.
Jefferson und Felipe sind gemeinsam durch das Fenster in einen Bus nach Rio geklettert und abgehauen. Felipe, der jetzt auf der Strasse wohnt, habe ich letztens in Rio getroffen und habe erfahren, dass wenigstens Jefferson nach Hause gegangen sei. Felipe hat die Möglichkeit nach Casa Angelo zurückzukehren, möchte aber lieber auf der Strasse bleiben, weil man in Casa Angelo nicht rauchen darf.
Zu guter Letzt ist auch noch Lukas abgehauen. Er war mit Abstand einer der schwierigsten Jungens dort, aber mir sehr ans Herz gewachsen. Er war es der mir am Anfang Portugiesisch beigebracht hat und mir alles gezeigt hat. Da er nicht bei seinem Onkel wohnen darf, der ganz in der Nähe wohnt, gehe ich davon aus dass er in die Favela zurückgekehrt ist. Er war, bevor er nach Casa Angelo kam, in dem Drogengeschäft der Favela verwickelt. Er erzählte, dass er mit einem Gewehr und einer Warnrakete auf die Favela aufgepasst hat. Wenn die Polizei kam hat er die Warnrakete gezündet und den anderen geholfen die Favela zu verteidigen....Deshalb fällt es mir bei ihm am schwersten zu wissen, dass er nicht mehr in Casa Angelo wohnt....

Es sind noch Paulinho, Ruan, Douglas und Leonardo geblieben. Dazu kommen noch Luiz-Carlos und Gilberto, die neu gekommen sind. Ausserdem ist jetzt bereits seit einem Monat eine neue Mae social in Casa Angelo und die Situation hat sich komplett geändert. In Casa Angelo wird momentan wieder das Prinzip von Casa do Menor gelebt: Die Häuser sollen kein Heim sein, sondern eine Familie. Es tut mir echt gut zu sehen, wie sich die Situation verbessert hat. Kein klauen, kein fluchen, kein schlagen.....Es scheint alles wie neu und es macht richtig Spaß dort wieder zu arbeiten.

Entschuldigt bitte die fehlenden Fotos in diesem Blog... Die letztens Blogs handelten immer nur von Ausflügen, aber jetzt habe ich hoffentlich alle auf den aktuellen Stand meiner Arbeit gebracht. Carl wird mich bereits am Dienstag verlassen und nach Deutschland zurückkehren. Das wird sicher schwer ohne ihn hier. Ich möchte ihm einen guten Heimflug wünschen, ich komme bald nach.......
Basti

Montag, 27. Juli 2009

So jetzt ist der Marathon lange her, aber trotzdem möchte ich ihn nochmal ansprechen. Die Spendenaktion war sehr erfolgreich! Gemeinsam haben wir es geschafft eine Summe von 2811,20 Euro zu sammeln.
Ab Kilometer 35 hing meine Zunge auf dem Boden und die 11 Liter Wasser, die ich mir während des Laufens in den Körper gekippt hatte, kamen aus allen Poren wieder raus. Doch durch den Ehrgeiz und den Gedanken an die Spendenaktion angespornt, habe ich die Geschwindigkeit nicht verringert und mich, gemeinsam mit Benedikt(Freund), ins Ziel gekämpft. Die Fotos hat er mir leider noch nicht zugeschickt, aber ich werde sie bei Gelegenheit nachreichen. Kommende Woche habe ich ein Gespräch mit der Präsidentin von Casa do Menor. Gemeinsam werden wir überlegen, wie wir das Geld am sinnvollsten nutzen können...

Die Woche nach dem Marathon hatte ich frei. Deshalb konnte ich die Zeit zum Entspannen der, von Muskelkater geplagten, Beine nutzen. Wir entschieden uns. dass die beste Art zum Lockern der Beine Schwimmen sei. So kam es, dass Carl, 3 Freunde und ich am Mittwochmorgen in das 3 Stunden entfernte Arraial do Cabo fuhren. Dort hatten wir genügend Zeit um die verlassenen Strände ganz alleine zu entdecken...



...mit einer Bootsfahrt die (nachweislich) zweitschönsten Strände Brasiliens anzufahren...



...und die beruehmte "gruta azul"...


...auf den Schneeweissen Dünen Sandboard zu fahren...wunderschöne Landschaften zu entdecken(leider Naturschutzgebiet und man konnte nicht auf den Baum klettern)....



....morgens am Strand zu joggen....





...oder die wunderschöne Tierwelt tauchend erkunden....




Doch auch der schönste Urlaub geht irgendwann zu Ende. Es bleibt meistens nicht mehr als Fotos, Erinnerungen, lustige Geschichten und die braune Farbe. Doch auch Rio bietet viele schöne Orte und zwingt einen quasi dazu diese zu entdecken...

Da ist zuerst natürlich die weltberühmte Christusstatue. Also hier auch das typische “ichwarinRio”-Touristenbild;) ....





Oben vom Christus kann man über ganz Rio schauen und wunderschöne Fotos schiessen, doch jetzt weiss ich dass es auch schönere Orte dafür gibt....

Die letzten Tage des einjährigen Brasilienaufenthaltes wollte Oli hier bei uns verbringen, bevor er mit dem Flugzeug aus São Paulo wegfliegt. Oli ist ein guter Freund, den wir auf dem Fid-Seminar kennen gelernt haben. Durch die viele Zeit, die wir gemeinsam in Salvador und auf der Insel Boipeba verbracht haben, kannten wir unsere gemeinsamen Interessen.....So kam es das wir die Berge und Naturparks rund um Rio unsicher machten.

Erster Gegner “Pedra da Gávea”.


Nachforschungen im Internet brachten ein eindeutiges Ergebnis: Schwerste Wanderung Rio de Janeiros mit grossen Kletterstücken....

So machten wir uns zu zweit, mit Rucksäcken voller Essen und Wasser an den Aufstieg. Der Wanderweg begann sehr steil und schwer, aber bereitete keinerlei Probleme. Erst als wir 3 Stunden später erschöpft auf dem höchsten Punkt des Berges sassen wussten wir warum die 1,67km lange Wanderung so gefürchtet ist. Vor ca. einem Monat habe ich innerhalb von 3 Stunden eine Distanz von 35km zurückgelegt. Doch es lag nicht etwa an den kleinen Pausen um....




...Affen zu füttern....




...oder Fotos auf halber Höhe zu schiessen....


Nein. Es waren die 844 Höhenmeter, die man hochsteigen musste. Grosse Stücke der Wanderung brauchte man die Hand an Wurzeln, Felsen, Bäumen, Sträuchern und Gräsern zum Abstützen und Hochziehen. An einer Stelle kurz vor Ende musste man eine grosse Felswand kletternd überwinden, um zum oberen Teil des Berges zu gelangen. Doch oben angekommen konnte man vor Staunen gar nicht mehr aufhören von einer Kante des Berges zur anderen zu laufen. Nach einem guten Essen legten wir ein Mittagsschlaf ein. Da niemand ausser uns auf diesem Berg war, mussten wir auch keine Angst um Rucksäcke oder Kameras haben. Doch als wir aufwachten hatte sich aufgrund der Höhe eine Wolke um den Berg gelegt...




....und wir ärgerten uns noch keine Fotos geschossen zu haben... Die dann noch geschossen Fotos wirken ein wenig farbenarm...




...aber vielleicht kann man sich vorstellen, das es hinter mir und auf der linken Seite ca. 200m glatte Wand runter geht. Eigentlich muesste es bei uns auch so aussehen...
...dafuer waren bei uns aber keine Menschen auf dem Berg:P
Generell sieht der Berg eigentlich von weiter weg unbesteigbar aus. Nach des Abstiegs, beim Sonnenuntergang am Strand, überlegten wir uns das Programm für den kommenden Tag....

Zweiter Gegner “Pico da Tijuca”. Höchster Berg in der Stadt von Rio de Janeiro.


Gemeinsam machten sich Carl, Antonia, Oli und ich auf den Weg die 1012m Höhe zu bezwingen. Der “Pico da Tijuca” liegt umgeben von dem riesigen Nationalpark direkt am Stadtrand von Rio.



Nach der ca. 1Stündigen, mittelschweren Wanderung bot sich uns ein richtig schöner 360Grad Blick. Auf der einen Seite die Stadt Rio...auf der anderen die grosse Ebene der Baixada Fluminense(unser Zuhause)...und natürlich der riesige Nationalpark von Tijuca.
Der Blick von oben auf Rio de Janeiro ist unglaublich schön und deshalb auch eines der häufigsten Postkartenmotive. Die Gegensätze von Meer, Land, Bergen, Stränden und Stadt bilden eine wunderschöne Aussicht....

Danach fuhren wir nach Barra da Tijuca. Dort gingen wir am Strand baden und konnten danach frischgewaschen nach Maracanã fahren.


Dort schauten wir uns ein Spiel von Flamengo an, meiner Meinung nach das beste Team Rio de Janeiros. Aber das ist hier eines der beliebtesten Themen. Vasco, Botafogo, Fluminense oder Flamengo. 4 grosse Fussballteams, die alle in Maracanã spielen. Das Stadion, das fast 100.000 Fans fasst, war leider nicht ganz voll, aber dennoch war gute Stimmung. Müde ging es dann abends nach Hause......

Abgesehen von den ganzen Ausfluegen habe ich in letzter Zeit viel im Kindergarten gearbeitet. Dort war einiges zu reparieren. Angefangen bei der Pumpe, die den ganzen Kindergarten mit Wasser versorgt. Es ist immer schoen zum Kindergarten zu gehen, weil man sieht dass einen die Kinder tatsaechlich vermissen wenn man nicht da ist. Sie fragen immer die anderen warum ich nicht mehr kommen wuerde und lassen mich gruessen. Wenn ich so etwas hoere bin ich immer sehr gluecklich und weiss dass die Zeit nicht verschwendet war....


...sooo das war was ich in letzter Zeit gemacht habe. Ansonsten viele Gruesse nach Deutschland. Ich wuensche euch allen schoene Ferien..........ach und herzliche Glueckwuensche an Molle, der heute Geburtstag hat!
Basti

Montag, 29. Juni 2009

Rio Marathon 2009

So ich habe es tatsaechlich geschafft....

Platz: 351
Startnummer: 2919
Name: BASTIAN KARSTADT
Alter: 20
Altersklasse: M0024 (21-24)
Team: CASA DO MENOR SÃO MIGUEL ARCANJO
Zeit: 03:30:46

Diese Informationen habe ich aus der Ergebnisliste im Internet...Erstmal moechte ich allen Sponsoren meines Spendenlaufs danken. Es ist eine grosse Summe zusammengekommen und ich bin froh die Kinder so unterstuetzen zu koennen. Aber genauere Informationen ueber die Spenden gibt es demnaechst. Hier ist noch ein Zeitungsartikel ueber meinen Lauf, den ich bis heute noch gar nicht gesehen hatte:

Basti rennt fuer Casa do Menor

Heute sitze ich hier mit Muskelkater in den Beinen und schaue froh zurueck auf diesen wunderschoenen Marathon.

Wie man auf der Karte schoen sehen kann ging der Lauf unter den ausgebreiteten Armen des Christus vorbei an weltberuehmten Straenden wie Ipanema und Copacabana bis zum Ziel kurz hinterm Zuckerhut. Es war eine wunderschoene Kulisse, die einen gerade in den schwierigen Kilometern immer wieder zum weiterlaufen animierte.
Auch die fehlende Dusche nach dem Marathon konnte durch das Meer ersetzt werden....

Ansonsten werde ich kommende Woche einen neuen Blog schreiben, weil ich wahrscheinlich mir diese Woche ein wenig Urlaub goenne. Nicht etwa wegen des Marathons, sondern weil ich eine neue Arbeit bekommen werde. Ich werde bald Vater.....

....von ca 14 Jungs im Alter zwischen 14 und 16 Jahren. Sozialvater in einem Haus, das vorraussichtlich in 2 Wochen oeffnen wird. Bis dahin habe ich ein wenig Zeit fuer mich und kann mich auf diese anspruchsvolle, aber von mir gewuenschte Arbeit, vorbeireiten. Ich freue mich schon sehr....


soweit liebe Gruesse und nochmal vielen Dank an ALLE aus Miguel Couto

Basti

Freitag, 8. Mai 2009

Mein April

Lange ist es her....

Doch jetzt komme ich mal wieder zum schreiben. Seit dem letzten Eintrag ist viel passiert...Zum Beispiel ist mein Laptopladegerät kaputt und ich komme nicht an den angefangenen Blog. Außerdem habe ich gerade eine E-Mail bekommen, dass auch meine Monatsberichte schon erwartet werden. Also muss ich nun in den sauren Apfel beißen und sowohl den Blog, als auch die Monatsberichte neu schreiben, weil ich nicht weiß wie lange die Post nach Brasilien dauert, um mir ein Netzteil zu beschaffen...

Es war ein Montag Ende März, als Carl seine Sachen packte, in den Flieger stieg und sich auf den Weg nach Santana de Ipanema machte. In dieser Kleinstadt, die ca 1500km von hier entfernt, im Nordosten Brasiliens, liegt, hat Casa do Menor ein Haus und arbeitet auch mit Straßenkindern. Mir ein 12qm großes Zimmer zurücklassend, trat er mit großer Freude die Arbeit dort an und scheint sich auch sehr wohl zu fühlen. Den Samstag und Sonntag verbrachten wir aber noch gemeinsam mit 2 deutschen Freundinnen, die wir vom Seminar kannten, um ihnen Rio zu zeigen. Bei dieser Gelegenheit erklommen wir einen Berg um uns Rio bei Nacht anzuschauen.

Alleine mit Toni, umgeben von vielen Italienern, mitten in der Baixada von Rio nutzte ich in letzter Zeit jede Möglichkeit um „raus“ zu kommen und ein wenig Abstand zu nehmen. Denn aus Sinnlosigkeit oder Spaß am Umorganisieren wurde ich aus meiner geliebten Arbeit in Casa Angelo gezogen und für 5 Tage wöchentlich in den Kindergarten gesteckt. „Du arbeitest so viel und gut, wenn du nicht 5 Tage die Woche im Kindergarten helfen möchtest, muss ich ihn schließen“ war die Aussage des Verantwortlichen. So blieb mir natürlich keine Wahl und ich habe mich der Aufgabe gestellt....So kam es das ich viele Dinge mit Toni unternommen habe.

Ein komisches, modernes Museum in Rio und danach durch die Stadt spazieren.

Mit Freunden bei Sonnenschein das Schwimmbad in einem natürlichen Fluss, mit „Wasserfall“ in Tingua genießen.

Auf den Ruinen einer ehemaligen Sklavenfarm rumklettern und die Natur bei einem Spaziergang genießen. Ja wir haben tatsächlich, in der Nähe unserer manchmal doch sehr lauten Stadt, ein paar ruhige Flecken Natur gefunden.


Im Nationalpark von Petrópolis durch die Berge und den Urwald wandern, über Felsen klettern, Bäche bestaunen, unter einem Wasserfall duschen.....und so einfach ein Wochenende verbringen. Dabei ist der Traum einer noch viel größeren Wanderung entstanden. Es gibt einen Weg, der 30km über die Gipfel der Berge am Rande des Bundesstaates Rio de Janeiro führt. Dieser Weg ist so schwierig zu wandern, das man 3 Tage benötigt, Zelt, Schlafsack und Essen mitnehmen muss und einen Führer braucht. Dafür wandert man quer durch den Natinonalpark und hat eine wunderschöne Aussicht, von ca. 2000m Höhe über ganz Rio.

Einfach mal raus. Mit Felipe, einem guten Freund, ins Flugzeug gestiegen und nach Campinas(Stadt nah bei Sao paulo) geflogen. Dort Samstag in einem Erlebnispark und Sonntag in der Stadt verbracht. Es war ein superschönes und lustiges Wochenende, hat mich aber doch zum Nachdenken gebracht. Es war das erste Mal, dass ich richtig das „andere“ Leben Brasiliens erlebt habe. Während dieser Tage, im Flugzeug, im Hotel, im Erlebnispark und im Shoppingcenter der Stadt war ich umgeben von hellhäutigen, ordentlich gekleideten Menschen. Ganz selten hat man mal einen richtig dunkelhäutigen Menschen gesehen und wenn dann gehörte er mit großer Wahrscheinlichkeit zum Putzpersonal. Dort fiel mir ganz bewusst diese große Trennung zwischen der Schichten Brasiliens auf. Hier gibt es viele Arme, viele Reiche, aber nur eine kleine Mittelschicht. Diese Trennung ist sehr groß und man hat das Gefühl es wird nicht dagegen gearbeitet, sondern im Gegenteil. Hier in Rio liest man nun in Zeitschriften von den Plänen die Favelas noch mehr von der Stadt abzugrenzen, es werden Mauern gebaut. Ich möchte nicht so weit gehen wie manche Kritiker, die Vergleiche mit der deutschen Mauer aufstellen, aber wenn man ein bisschen hinter den Zeilen liest wundert man sich doch ein wenig. Die Mauern, von einer Höhe über 3m, sollen neue Häuser in den geschützten Wäldern, an den Berghängen vermeiden, so die offizielle Begründung. Doch auch die Journalisten sind sich einig, dass es mehr Gründe gibt.... Es koennte bei einem Einmarsch der Polizei fliehende Drogendealer aufhalten und deren Flucht in die Waelder verhindern. Aber eigentlich hat man eher das Gefuehl, dass die Favelas von der restlichen Stadt isoliert werden sollen. Denn betroffen, von den ueber 700 Favelas(Zahl variert je nach Quelle....meine Zahl stammt aus dem Reisefuehrer „Rio de Janeiro“ von Lonely Planet), sind lediglich 12 in der Zona Sul und eine Favela in der Naehe von Botafogo. Zona Sul(Copacabana, Ipanema, Leblon) und Botafogo sind die schoeneren Stadtteile Rios, in denen die reiche Bevoelkerung wohnt. Es scheint also, als ob die Regierung versucht die Armen in ihren Teilen der Stadt zu halten. Das ganze wird noch verstaerkt durch die Plaene Supermaerkte in den Favelas zu errichenten, dass die Leute nicht mal mehr zum Einkaufen ihr Viertel verlassen muessen.

Doch nach diesem Wochenende, wo Essen sogar fuer europaeische Verhaltnisse nicht guenstig war ging es wieder zurueck mit dem Flugzeug in die Baixada von Rio. Dort begann montags auch direkt wieder der Alltag im Kindergarten. Die Kinder stellten dann wieder das krasse Gegenteil des Wochenendes dar. Kinder aus Familien der untersten Gesellschaftsschicht, die nicht mal von solch einem Wochenende trauemen koennen. Familien, die teilweise Probleme haben die 3Euro Kindergarten Beitrag zu bezahlen. (Eine Mutter hat ihrem Sohn einen ganz ehrlichen Brief mitgegeben, in dem sie erklaerte dass sie ihren Sohn aus dem Kindergarten nehmen muss, weil sie keinerlei Moeglichkeiten sieht dieses Geld aufzubringen und dass sie aber dann in grosse Schwierigkeiten kommt ihren Sohn zu ernaehren) Familien, die in unmenschlichen Verhaeltnissen wohnen. Kinder mit diversen Verletzungen, ohne richtige medizinische Versorgung. Kinder aus grossteils kaputten Familen, alleinerziehende Muetter, Nachbarn die sich um die Kinder kuemmern. Diese Kinder kommen gerne in den Kindergarten, obwohl auch dieser Ort keine richtigen Spielmoeglichkeiten fuer die Kinder bietet......

....so muss dann halt das kleine Beet mit seiner Erde, aus dem ich die Graeser entfernt habe als Sandkasten herhalten....

...oder die trockenen Blaetter, die ich von den Bananenstauden entfernt habe als weiche Matte....das ist die schoene Seite des Alltags der Kinder. Gluecklich spielen sie gemeinsam mit ihren Freunden mit den Moeglichkeiten die sie haben.

Wie man auf den zwei obigen Bildern schon bemerkt habe ich ein wenig meine Arbeit im Kindergarten gefunden. Aufgrund mangelnder Werkzeuge habe ich angefangen den Garten des Kindergartens wiederherzustellen. Denn die wichtigsten Gartenwerkzeuge habe ich (Schippe, Spaten, Machete), auch wenn mir gestern ein Stiel gebrochen ist und ich nicht weiss wann und ob das Geld kommt um einen neuen zu kaufen. Als ich im Kindergarten ankam war der Garten total zugewachsen. So habe ich damit angefangen den Garten aufzuraeumen...Nach dem Aufrauemen habe ich mit dem Bepflanzen angefangen. Ich habe zwei kleine Papayabaeume eingpflanzt, eine Ananasstaude und Zuckerrohr. Demnaechst werde ich noch Maniok pflanzen, aber dafuer muss der Alte erst reifen. Ansonsten kuemmere ich mich um die schon bestehenden Pflanzen. Ich schneide die Acerolastraeucher und befreie die Bananen von ihren trockenen Blaettern. Diese Arbeit traegt natuerlich auch ihre Fruechte.....

...so ernte ich reife Bananen, Papayas, Acerolas und manchmal schneide ich Zuckerrohr, fuer die Kinder zum Lutschen. Jetzt fange ich damit an das grosse, ungenutzte Grundstueck, auf dem Berg ueberhalb des Kindergartens, von dem Pflanzen zu befreien. Dieses Grundstueck gehoert auch Casa do Menor und koennte schoenen Platz fuer die Kinder zum Spielen bieten, aber es ist komplett zugewuchert mit riesigen, dornigen Straeuchern. Ich denke das wird mich noch einige Wochen beschaeftigt halten...Ansonsten spiele ich gerne mit den Kindern ein wenig Ball oder tobe einfach mit ihnen auf der Wiese, wenn sie „Spielstunde“ haben. Das freut sie immer...


.....das ist meine momentane Arbeit. Ansonsten habe ich jetzt angefangen ein wenig zu laufen, denn ich werde den Rio Marathon am 28.Juni mitlaufen. Diesen Lauf moechte ich nutzen um Spenden fuer mein Projekt zu sammeln. Viele aus dem Theresianum werden den Spendenlauf kennen, wo man fuer jeden Kilometer einen gewissen Betrag bekommt. Sollte dieser Betrag auch noch so klein sein kommt doch im Endeffekt dann ein wenig Geld zusammen. Dieses Geld steht mir dann hier vor Ort zu Verfuegung, um es hier im Projekt gezielt einzusetzten, wo es benoetigt wird. Ich wuerde mich ueber Mithilfe freuen. Vielleicht moechte sich ja jemand von euch, eure Eltern, ein Verein, eine Jugendgruppe oder Papas Firma;) beteiligen. Die ganzen Informationen sind nochmal hier nochmal zusammengefasst:


Anschreiben
Das Projekt

Wie kann ich spenden?


Liebe Gruesse soweit hier aus Rio, ihr fehlt mir alle sehr!
Basti



Mir ist gerade aufgefallen, dass ich auf manchen Bildern kein T-Shirt anhabe. Ich habe aber meistens keine anderen Bilder gefunden, was an meinem zwangshaften Exibitionismusl iegt und nicht etwa daran, dass ich ohne t-Shirt schwimmen gehe oder einfach an der Hitze...



Freitag, 20. März 2009

So!

Heute ist Mittwoch, irgendwann mitten im März. Vor ca. 15min bin ich nach Hause gekommen, von meiner Arbeit aus dem Kindergarten. Die Rückfahrt ist immer dasselbe langweilige Ereignis. Man steigt in den Bus, bezahlt, setzt sich ans Fenster, schaut gelangweilt wie der Bus Staub aufwirbelt, schwitzt, verflucht die Sonne, steigt aus, läuft nach Hause und dort kann man direkt wieder duschen….
Heute sollte alles wie immer kommen. Doch eine Entscheidung beeinflusste mein Schicksal. Als der Bus 421 kam entschied ich mich 10Centavos( 0,03€ ) zu sparen und den Bus 530 zu nehmen. Noch während der Bus um die Straßenecke verschwand fing es an zu schütten, wie ich es hier noch nie erlabt habe. Doch der andere Bus kam nicht und ich wartete über eine halbe Stunde unter einem mäßig dichten Wellblechvordach. Während dieser Zeit konnte ich ganz in Ruhe das Naturschauspiel beobachten. Der Regen spülte den Schlamm von den am Berg liegenden Favelas ins Tal. Die Straße vor mir verwandelte sich in einen „Fluss“, weil die Kanalisation total überfordert war. Kein Auto fuhr mehr, die Fahrradfahrer wurden zum Absteigen gezwungen und die Fußgänger machten keine glücklichen Gesichter. Als nach einer Ewigkeit sich ein Bus durch die Wassermassen schob, wurde ich gezwungen meinen sicheren Standpunkt zu verlassen und 2m durch den „Fluss“ zur Bustür zu gehen. Kurz vor dem Einsteigen merkte ich, wie sich meine Flipflops von den Füßen lösten und von den Wassermassen unter den Bus geschwemmt wurden. Spätestens dort musste ich mir eingestehen, dass es sich nicht lohnte die 10Centavos zu sparen. Im Bus war eigentlich ganz lustige Stimmung. Ein Mann sagte beim Einsteigen „was ein Luxus! Schwimmbad im Bus!“ Dann konnte man beobachten wie vom Bus ausgelöste Flutwellen die Geschäfte am Rand überfluteten und wie Leute, die schon bis über die Knie im Wasser standen einen nassen Bauch bekamen. Als ich dann endlich nach Hause kam, war ich komplett nass und konnte schon wieder über die ganze Aktion lachen….
Ansonsten war ich am Montag mal wieder ein wenig in Rio unterwegs. Dieses Mal konnte ich mit Toni die Schönheit Rios von oben erblicken. Nach einem Spaziergang durch Urca, das Dorf am Fuße des Zuckerhuts, umrundeten wir einen Berg und standen auf der anderen Seite an einen kleinen Strand. Dort machten wir kurze Pause, um einen Kuchen als Mittagessen zu verdrücken. Anschließend begaben wir uns auf einen kleinen Weg und machten uns an den Aufstieg zu dem Berg, auf dem sich die erste Gondelstation auf dem Weg zum Zuckerhut befindet. Dieser kleine, steile Weg geht über Felsen und umgefallene Bäume durch einen wunderschönen Wald aufwärts. Fast oben muss man sich dann entscheiden, ob man den linken Weg zur ersten Gondelstation einschlägt oder den rechten, wo man den Zuckerhut mit Bergsteigerausrüstung beklettern kann.(man kanns auch ohne versuchen, nicht Oli?!) Jetzt weiß ich, dass der Plan des Bekletterns des Zuckerhuts, den ich schon die ganze Zeit habe, auch in die Wirklichkeit umgesetzt werden kann. Beste Leben!
Oben auf der Gondelstation angekommen mussten wir uns den Platz leider mit den Touristen teilen, die mit der Gondel kamen. Aber der Ausblick war, obwohl wir noch nicht ganz auf dem Zuckerhut waren, wunderbar. Aufgrund der leeren Kamerabatterie sind aber nicht sehr viele Fotos entstanden, aber das wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Vielleicht geht es schon jetzt am Wochenende, wenn Caro und Bekki, 2 Freundinnen vom Fid-Seminar, kommen wieder dorthin….
So das waren meine letzten 3 Tage. Ich hoffe bei euch ist alles soweit fit…….liebe Grüße nach Deutschland

Basti


wär ich ein Mädchen hätte ich vielleicht geschrien süüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüüß!!! So habe ich mich während des Aufstiegs einfach nur dran erfreut mit welcher Leichtigkeit sie von Baum zu Baum hüpfen



Oben angekommen! Aber mit Blick aufs Meer nicht auf die Stadt. Die Fotos kommen wann anders...